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Gesundheitszirkel


Zentrales Element der Betrieblichen Gesundheitsförderung

Viele moderne Unternehmen haben längst erkannt, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten der Belegschaft genützt werden können, um Qualität und Produk­tivität zu steigern und die Kosten zu senken. Die Erfahrung zeigt, dass auch Gesundheit und Arbeitssicherheit im Betrieb durch die aktive Beteiligung der Beschäftigten zu verbessern sind: Sie sind ja selbst Experten für ihre jeweilige Arbeitssituation.

Gesundheitszirkel sind innerbetriebliche Arbeitskreise, in denen sich die Beschäftigten eines Betriebs mit ihren Arbeitsbedingungen auseinander­setzen. Sie tragen ihre Erfahrungen über Belastungen ihrer Gesundheit zusammen, analysieren sie gemeinsam, entwickeln neue Lösungen und erarbeiten Vorschläge, wie diese in die Praxis umgesetzt werden können. Bearbeitet werden häufig nicht nur technische und organisatorische Probleme, sondern auch soziale und psychische Belastungen (z. B. Verhalten der Vorge­setzten, Betriebsklima).

Was sind die besonderen Vorteile von Problemlösungsgruppen

Einerseits sind die Probleme selbst meist komplex, weil ein Betrieb heutzu­tage ein Gebilde ist, in dem eine Vielzahl von Einzel­personen und Abteilun­gen an einem Produkt arbeitet, ohne in direktem Kontakt zueinander zu stehen. Die Ursachen für eine bestimmte Schwierigkeit liegen häufig in einem Vorgang an anderer Stelle. Probleme können daher besser untersucht werden, wenn mehrere Beteiligte ihre Sichtweisen, Kenntnisse und Erfahrungen miteinander verknüpfen. 

Bei den Lösungsvorschlägen verhält es sich ähnlich: Eine gute Idee ist meist nicht genug. Damit Veränderungen realisiert werden können, ohne dass gleichzeitig an anderer Stelle neue Probleme entstehen, ist Zusammenarbeit nötig. In der Arbeitsgruppe können unterschiedliche Anforderungen gleich an Ort und Stelle unter einen Hut gebracht werden. 

Schließlich zeigen Erfahrung und Forschung, dass Gruppen bei der Lösung von Problemen in der Regel ideenreicher sind. Geht es doch darum, die gewohnten Gleise zu verlassen und aus dem, was immer schon so gewesen ist, auszubrechen. Miteinander sind wir einfach kreativer! In einem Gesundheitsförderungsvorhaben muss man davon ausgehen, dass die verschiedenen Beteiligten unterschiedliche Interessen und Erwartungen haben: Die Geschäftsleitung erwartet sich weniger Krankenstände, mehr Initiative zum Lösen von Problemen und höhere Motivation, die Arbeits­schutzexperten mehr Bereitschaft zum Einhalten von Schutzvorschriften, der Betriebsrat mehr Druck für seine Gesundheitspolitik im Betrieb. Die KV-Träger möchten langfristig durch verringerte Gesundheitsschäden profitieren. Die Beschäftigten selbst wollen ungünstige Verhältnisse verändern und einfach über Probleme mit der Arbeit reden. Zum Gelingen trägt bei, wenn diese unterschiedlichen Erwartungen bekannt sind.  

In jedem Fall ist es sinnvoll, eine Reihe von Regeln zu beachten, die die erfolgreiche Zirkelarbeit begünstigen. Gerade wenn die Erwartungen der zur aktiven Teilnahme aufgeforderten Beschäftigten auf echte Veränderungen enttäuscht werden, kommt es zu Resignation und Frust. Deshalb sollte auch klar sein, was Gesundheitszirkel nicht sein können: Sie sind keine Plauderrunden, die dazu benützt werden können, um dem Betriebs­alltag zu entrinnen. Sie sind nicht geeignet, Probleme chronisch kranker Mitarbeiter zu bearbeiten - dafür bieten sich viele Selbsthilfegruppen an. In jedem Gesundheitsförderungskonzept haben Gesundheitszirkel ihren festen Platz. Sie sind keine kurzfristige Angelegenheit, ihre Einrichtung bedarf längerfristiger Planung. Wenn man die für ihre Einrichtung und Arbeit notwendigen Kriterien und Regeln befolgt, werden sie wesentlich zu den Ergebnissen betrieblicher Gesundheitsförderung beitragen.

Zielsetzungen

Die Gesundheitszirkel bilden sich im Auftrag der Steuerungsgruppe der Gesundheitsförderung im Betrieb und treten in ihrem Auftrag zusammen. Sie arbeiten daher im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens. 


Sie haben die Aufgabe, in ihrem jeweiligen Arbeitsbereich

  • jene Faktoren zu identifizieren, die die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten negativ   beeinflussen,
  • diese Faktoren zu analysieren, und Vorschläge zu erarbeiten, wie die Situation verbessert werden könnte.


Vorgangsweise

  1. Ermittlung von gesundheitsbelastenden und -gefährdenden Arbeitssituationen und Arbeitsabläufen, d. h. Sammlung aller als beanspruchend empfundenen Arbeitsaspekte
  2. Herstellen eines Beschwerden- und Belastungszusammenhangs, d. h. Ermittlung der gesundheitlichen Beschwerden, die die Beschäftigten in unmittelbarer Verbindung mit bestimmten Arbeits­situationen wahrnehmen
  3. Erarbeiten verhältnis- und verhaltensbezogener Verbesse­rungsvorschläge, d. h. Entwickeln technischer, organisatorischer und personenbezogener positiver Änderungsvorschläge für die als beschwerderelevant identifizierten Arbeitssituationen
  4. Einbringen der Ergebnisse in die Steuerungsgruppe des Gesundheitsförderungsprojektes


Es macht für MitarbeiterInnen auf Dauer nur dann Sinn, sich in derartigen Arbeits­gruppen zu engagieren, wenn die Resultate der Arbeit in ihrem Sinn verwertet und umgesetzt werden. Vorab ist es zwar in keinem Unternehmen möglich, die Realisierung aller Vorschläge zuzusagen: In jedem Fall ist ein konstruktiver Umgang mit den Ergebnissen und ihre rationale Diskussion zu vereinbaren. Vor allem dann, wenn sie in abgewandelter Form oder gar nicht umgesetzt werden, muss dies von den Verantwortlichen begründet werden.

Wer soll im Gesndheitszirkel mitarbeiten?

Gesundheitszirkel setzen sich aus Mitarbeitern zusammen, die zueinander in einem für die Problembearbeitung sinnvollen Zusammenhang stehen. Sie arbeiten z. B. im selben Bereich, oder es handelt sich um eine Berufsgruppe (z. B. Außendienst). Sinnvoll sind auch Gesundheitszirkel von Personen, die an verschiedenen Anlagen eingesetzt, aber in der Arbeitsorganisation voneinander abhängig sind. Arbeiten unterschiedliche Personengruppen im Arbeitsbereich, so ist dies bei der Zusammensetzung des Gesundheitszirkels zu berücksichtigen (Angestellte / Facharbeiter / angelernte Arbeiter / Ausländer ...). Bei Personen mit sprachlichen Schwierigkeiten ist daran zu denken, wie die Verständigung sichergestellt werden kann. 
Der/Die „ideale“ GZ-Teilnehmer/in kennt folglich das Unternehmen und ist offen für neue Ideen. Er/Sie interessiert sich für Gesundheit und hat einen „guten Draht“ zu den KollegInnen. 
In welchen Bereichen überhaupt Gesundheitszirkel gestartet werden und welcher Teilnehmerkreis eingeladen wird, entscheidet die Steuerungsgruppe. Eine vorherige Bestandsaufnahme von Gesundheits- und Sicher­heitsproblemen bildet dafür die geeignete Basis.

Mögliche Varianten von Gesundheitszirkel

Gesundheitszirkel leiten sich aus Qualitätszirkeln ab. Ende der Achtziger Jahre wurden in der BRD gleichzeitig zwei verschiedene Modelle von Gesundheitszirkeln entwickelt und in die Praxis umgesetzt:

  1. Homogen zusammengesetzter Gesundheitszirkel: Berliner bzw. Hanno­veraner Modell
  2. Inhomogen, hierarchieübergreifend zusammengesetzter Gesundheits­zirkel: Düsseldorfer Modell

Darüber hinaus existieren viele Modelle für die Zusammensetzung von Gesundheitszirkeln. Sie sind unter verschiedenen Voraussetzungen entwickelt und erprobt worden.

Berliner Modell

Gleichartige Zusammensetzung auf einer hierar­chischen Ebene (z. B. gewählte Beschäftigte einer rbeitsgruppe/Abteilung, ev. mit Meister; jedoch üblicherweise ohne Vorgesetzte):

  •  Der Erfahrungsaustausch ist ohne Druck     durch Vorgesetzte möglich, diese Zirkel             eignen sich daher besonders gut zur        Problembeschreibung aus der Sicht der Betroffenen.
  • Ziele bzw. Vorteile bestehen in der Möglichkeit, festgefahrene Wahrnehmungs- und Kommunikationsstrukturen vorsichtig auflösen und die Beteiligten in einen frucht­baren Dialog bringen zu können. Auch das     Thematisieren von gesundheitsgerechtem          Verhalten, psychosozialen Belastungen, Problemen mit dem Führungsverhalten der Vorgesetzten oder der Arbeitsorganisation u. a. sind leichter möglich.
  • positiver Nebeneffekt: Die Teilnehmenden werden automatisch zu Multiplikatoren in ihrem Arbeitsbereich.
  • Detaillierte Mängel werden meist nicht so  gut erfasst. Daher sind Ergänzungen zum Erstellen einer genauen Mängelliste ev. notwendig.

Düsseldorfer Modell

GemischteKleingruppe aus 4 bis 5 gewählten Beschäftigten eines Arbeitsbereiches, Meister oder Gruppenleiter (= Vorgesetzter), Sicher­heitsfachkraft, Betriebsrat, Betriebsarzt und Betriebsleiter (mehrere hierarchische Ebenen):

  • Dieses, themenspezifischen Qualitätszirkeln sehr ähnliche Konzept wird vom deutschen Bundesverband der Betriebskrankenkassen als Dienstleistung angeboten und beinhaltet:
    • Analyse des Gesundheitssituation aufgrund von Arbeitsunfall- und Arbeitsunfähigkeitsdaten Gesundheitsbericht), Moderation der Gesundheitszirkel, Vorbereitungs­arbeiten, Evaluation der Zirkelergebnisse.
  • Ziel ist eine quantitative Behandlung aller        gesundheitlich negativ erlebten Arbeits­anforderungen. Ein möglicher Vorteil liegt darin, dass erarbeitete lösungsvorschläge unter­schiedliche Perspektiven wiedergeben und direkt im Zirkel auf ihre Durchführbar-      keit überprüfbar sind. Gemeinsam gefundene Lösungen sind besonders tragfähig.
  • Allerdings könnten durch Vorurteile bzw. Vorbehalte der verschiedenen Hierarchie­ebenen ev. bestimmte Sachverhalte nicht   bzw. nicht offen genug angesprochen und   behandelt werden.


Innerhalb des österreichischen Netzwerkes BGF hat sich die gleichrangige Zusammensetzung (Berliner Modell) von Gesundheitszirkel bewährt.  


Die wichtigste Frage ist in den meisten Fällen, ob neben unmittelbar Betroffenen auch Vorgesetzte, Betriebsrat, Sicherheitsfachkräfte, Arbeits­medizin und andere Fachleute vertreten sein sollen. Hinter dem Vorschlag nach derartigen "heterogenen" Gesundheitszirkeln steht oft der Wunsch auf Seiten diverser Funktionsträger, endlich einmal mit den wirklich Betroffenen zusammenarbeiten zu können. Gleichermaßen kann auch die Befürchtung dahinterstecken, dass die "Basis", wenn sie nicht kontrolliert und angeleitet wird, zuviel über den Betrieb schimpfen oder unrealistische Forderungen aufstellen könnte. 


Diese Sorgen sind in der Regel unbegründet: Die Beschäftigten haben ein gutes Gespür dafür, was ihrem Betrieb "zugemutet werden kann". In einer homogenen Gruppe tun sie sich allerdings leichter: Wenn Probleme mit Vorgesetzten oder Fachleuten prinzipiell bestehen, würde dies auch die Gesundheitszirkel-Arbeit behindern. Wer Schwierigkeiten mit Fachausdrücken hat oder Probleme zwar umschreiben, aber nicht exakt benennen kann, fühlt sich in Anwesenheit von Fachleuten ebenfalls behindert.  


Gut wäre es, wenn der Gesundheitszirkel Fachleute und Vorgesetzte bei Bedarf für Spezialinformationen beiziehen könnte. Ihre wichtigste Rolle ist es, sich nach Abschluss der Zirkelarbeit konstruktiv mit den Resultaten auseinandersetzen. Betriebsräte sollten v. a. einbezogen sein, wenn ein Gesundheitszirkel angekündigt wird - sie signalisieren damit, dass der Betriebsrat die Arbeit begleitet und unterstützt. Eine direkte Mitarbeit ist nur dann nützlich, wenn sie selbst im fraglichen Bereich arbeiten.


Den Beschäftigten im angesprochenen Bereich muss der Plan, Gesundheits­zirkel einzurichten, vorgestellt und erläutert werden. Am besten geschieht dies in Gruppenversammlungen, bei denen die jeweiligen Vorgesetzten und Vertreter des Betriebsrats anwesend sind. Interessierte und Skeptische sollen dabei die Möglichkeit erhalten, offene Fragen zu klären. 


Die Teilnahme ist freiwillig. Es empfiehlt sich, der jeweiligen Zielgruppe ein paar Tage Bedenk- und Diskussionszeit einzuräumen. Die Meldung zur Teil­nahme kann dann beim Betriebsrat, bei Vorgesetzten oder bei der Projekt­leitung erfolgen. 


Bei der Ankündigung des Vorhabens muss eines deutlich klargestellt werden: Dass aus der Tatsache der Teilnahme am Gesundheitszirkel oder daraus, dass dort Kritik und Ideen eingebracht werden, keinerlei negative Folgen zu befürchten sind. Eine entsprechende Vereinbarung muss auch in der Steue­rungsgruppe getroffen werden, bevor die ersten Gesundheitszirkel gestartet werden.

Gesundheitszirkel brauchen etwa 5 bis 8 Sitzungen von ca. 2 Stunden Dauer, um diese Aufgabe sicher erledigen zu können. Diese Sitzungen finden im Interesse des Betriebs statt und sollen daher in der bezahlten Arbeitszeit abgehalten werden. Die Steuerungsgruppe muss dafür sorgen, dass die jeweiligen Vorgesetzten unterrichtet sind, damit die Freistellung funktioniert und Einsatz-, Schicht- und Urlaubspläne abgestimmt werden können. Die Gesamtdauer sollte vor Beginn festgelegt werden! 

Die personelle Zusammensetzung eines Gesundheitszirkels sollte während seiner Laufzeit nicht verändert werden. Ausfall oder Wechsel von Mitgliedern stört die Arbeitsfähigkeit der ganzen Gruppe. Die Teilnehmenden müssen sich daher verpflichten, an allen Sitzungen teilzunehmen. 

Die optimale Größe für Arbeitsgruppen dieser Art sind 5 bis 10 Personen. Größere Gruppen werden unüberschaubar, außerdem wird in ihnen die Verständigung schwieriger und die Möglichkeit, sich einzubringen, für einzelne Mitglieder immer geringer. 

Für die Sitzungen benötigen die Gesundheitszirkel einen abgeschlossenen Raum und die entsprechenden Arbeits­materialien (Tafel mit Flip-Chart-Papier, Metaplanmaterialien).

 

Herausforderung für das Rollenverständnis der Teilnehmer an Gesundheitszirkeln

  • Sicherheitsfachkräfte und Betriebsrat:
    Expertensttus wird relativiert
  • Betriebsrat:
    Beschäftigtenwissen wird nicht zwangsläufig durch das repräsentative Demokratiemodell ausreichend berücksichtigt

  • Vorgesetzte:
    Kompetenz und Aufgaben können gefährdet sein

  • Beschäftigte:
    Erfahrungs- und Veränderungswissen müssen dargestellt werden

 

 

Moderation der Gesundheitszirkel

Gerade Personen, die in der betrieblichen Hierarchie weiter unten stehen, tun sich zumindest anfänglich schwer, in einer derartigen Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Eine Moderation sorgt dafür, dass alle Teilnehmenden gut zu Wort kommen, dass Themen nicht unter den Tisch fallen, dass sich die Gruppe nicht verzettelt. Der Moderator der Gruppendiskussion sorgt für die Einhaltung von Gesprächsregeln und eine angstfreie Atmosphäre.

  • Funktion der Moderation:
    • Einordnen unterschiedlicher Sichtweisen und Interessen
    • ev. Vermittlung zwischen Expertenwissen und Erfahrungswissen der Beschäftigten
    • Dokumentation der Ergebnisse
  • Anforderungen an die Moderation:
    • Qualifikation (Ausbildung, Erfahrung, Weiterbildung)
    • neutrale Haltung gegenüber Sichtweisen, Interessen
    • Offenheit und Einfühlungsvermögen
    • Akzeptanz bei den Beschäftigten

Ob die Person von außerhalb (KV-Träger, Freiberufliche usw.) oder innerhalb des Betriebs kommt, kann je nach Projekt entschieden werden. Moderation erfordert jedenfalls Vertraulichkeit beim Umgang mit Informationen aus der Gruppe, deswegen kann es von vornherein günstiger sein, eine externe Moderation zur Verfügung zu stellen oder zu vermitteln. Geklärt werden muss in diesem Fall die Kostenfrage. Sollen Personen aus dem Betrieb selbst für die Moderation eingesetzt werden, ist für ihre Ausbildung zu sorgen.  

Vor- und Nachteile der internen ModerationVor- und Nachteile der externen Moderation

   +   Betriebskenntnis

   +   Ständige Erreichbarkeit

   +   Bekanntheit im Betrieb 

   -   Direkte Abhängigkeit vom
       Arbeitgeber

   -   Schwierige Position in
       Konflikten

   +   Keine direkte Abhängigkeit

   +   Keine Betriebsblindheit

   +    Vergleichsmöglichkeit mit
          anderen Betrieben

   -   Größerer Koordinations-
        aufwand bei  Termin­
        abstimmung

   -   Distanz zum Betrieb

   -   Keine Kenntnis der
       Arbeitsabläufe

Wesentlichste Voraussetzung sind die Akzeptanz und das Vertrauen der Belegschaftsmitglieder sowie des Projektteams! 

Wenn sich der Zirkel zum ersten Mal trifft, ist es notwendig, die Teilneh­menden über diese Form der Arbeit zu informieren, weil sie häufig nicht gewohnt sind, in Gesprächsgruppen Ergebnisse zu erarbeiten. Die Modera­tion kann dafür zum Einstieg Regeln erläutern, die sich erfahrungsgemäß als hilfreich für die Arbeit in Gruppen erwiesen haben.

Regeln für die Gruppenarbeit in Gesundheitszirkeln

  1. Jeder ist Experte auf seinem Gebiet. (Regel gegen autoritäre Haltungen mancher Fachleute)
  2. Jeder hat die Möglichkeit, seine Meinung frei zu äußern und auszureden.
  3. Meinungen sollen nicht der Person angelastet werden. (Unbequeme Meinungen sollen nicht zu Nachteilen führen.)
  4. Was in der Gruppe gesagt wird, soll in der Gruppe bleiben. (Persönliche Informationen werden nicht weiter "getratscht".)
  5. Die Gruppe soll beim Thema bleiben, vermeidet ausufernde Neben­diskussionen. (Von den Teilnehmenden werden ja Ergebnisse erwartet.)
  6. Abweichende Meinungen sollen begründet werden. (Durch Begründungen wird ein Argument verständlicher.)
  7. Nicht alle geäußerten Anregungen und Vorschläge können verwirklicht werden. (Im Betrieb ist nicht alles Wünschenswerte machbar, und über die Umsetzung entscheidet die Steuerungsgruppe nach Prüfung der Vorschläge.)
  8. Es sollen gemeinsame Vorschläge erarbeitet werden. (Zusammen­arbeit bei der Erarbeitung, Begründung und Durchsetzung erhöht die Erfolgschancen. Praxisnahe Lösungsvorschläge haben größere Chancen auf Umsetzung.)

Die Arbeitsweise im Gesundheitszirkel

In einer ersten Runde werden (sehr breit) jene Probleme gesammelt, die aus der Sicht der Zirkelmitglieder (oder ihrer Kollegenschaft) die Gesundheit im Tätigkeitsbereich des Zirkels beeinträchtigen können: Was kann in unserem Arbeitsbereich die Gesundheit beeinträchtigen?

Methodisches Vorgehen dabei: Jedes Zirkelmitglied schreibt Stichworte einzeln auf Kärtchen, anschließend werden diese Kärtchen gemeinsam an der Pinwand befestigt und dabei bereits vorge­ordnet. Dabei werden die Stichworte kommentiert. Wenn keine Pinwand vorhanden ist, können die Probleme mit Filzstift auf einer Flipchart festgehalten werden.

Ein Beispiel:

  • In einer Reproabteilung entstanden so die Überschriften: Kreuzweh / Rücken; Augenbelastung; Chemikalien; Stress
  • In einer Verwaltungsabteilung ergab sich unter dem Oberbegriff Stress eine Unterteilung in: Termindruck/Kunden; ungenaue Zeitvorgaben; Planungsmängel; Probleme mit Vorlieferanten. 

Anschließend werden die aufgelisteten Probleme nach ihrer Bedeutung gewichtet, und die Gruppe muss die Reihenfolge der Bearbeitung festlegen (z. B. eine bestimmte Problem­gruppe für jeden der nächsten Sitzungstermine):

  • Was brennt der Gruppe besonders unter den Nägeln?
  • Was betrifft viele Beschäftigte, was nur wenige?
  • Wobei wäre ein rascher Erfolg möglich? 

Diese Reihung wird anschließend abgearbeitet. Dabei benützt die Gruppe in erster Linie eigenes Wissen und Erfahrung, für Spezialfragen kann jemand beigezogen werden oder ein Mitglied der Gruppe beauftragt werden, bis zur nächsten Sitzung die entsprechenden Informationen zu besorgen. 

Die Bearbeitung erfolgt so, dass zuerst das Problem für alle verständlich in der Gruppe dargestellt wird, seine Ursachen hinterfragt werden, und schließlich überlegt wird, welche Lösungsmöglichkeiten und -wege man dem Betrieb vorschlagen kann.  

Die Arbeit der Gruppe wird laufend auf der Pinwand oder Flipchart fest­gehalten. Ein Protokoll dient in erster Linie der Sicherung der Ergebnisse für die Arbeitsgruppe. Die Gruppe muss vereinbaren, wer das Protokoll über den Stand der Arbeit erstellt: Diese Aufgabe kann vielfach durch Gruppen­mitglieder über­nommen werden, teils wird sie der Moderation zufallen. Wenn die Flipcharts und Pinwände gut leserlich sind und das entsprechende Gerät verfügbar ist, kann das Protokoll durch ein Fotoprotokoll ersetzt werden. 

Das Protokoll kann auch dazu verwendet werden, die Kollegenschaft an die Arbeit des Zirkels anzuschließen. Durch die Ankündigung und Gründung eines Gesundheitszirkels wird in der ganzen Abteilung ein hohes Maß an Interesse dafür geweckt, was diese Arbeitsgruppe tut. Der Vertraulichkeits­grund­satz (Regel 4, siehe oben) soll verhindern, dass Tratsch über im Vertrauen geäußerte Meinungen einzelner Mitglieder aus der Gruppe herausdringt. Über den Verlauf der Arbeit kann man aber die Kollegenschaft durchaus informieren. Sie kann nämlich dann Ihrerseits weitere Vorschläge und Ideen an die Gruppenmitglieder herantragen. Eine einfache Möglichkeit der Information über die Zirkelarbeit ist der Aushang des jeweiligen Protokolls auf dem Schwarzen Brett.

Zur Vereinbarung mit dem Betrieb über das gesamte Verfahren gehört, dass die Zirkelergebnisse der Projektleitung bzw. der Steuerungsgruppe und damit auch der Geschäftsleitung zur Kenntnis gebracht werden, und sich das Management damit konstruktiv auseinandersetzt.  

Die Präsentation der Ergebnisse spielt für den Erfolg der Weiterarbeit eine wesentliche Rolle. Sie sollte daher gut vorbereitet werden. Auf jeden Fall ist der letzte Sitzungstermin des Gesundheitszirkels dafür freizuhalten. 

Für die Präsentation ist es zweckmäßig, Verlauf und Ergebnisse schriftlich festzuhalten, damit den an dieser Sitzung Teilnehmenden eine Unterlage übergeben werden kann und somit sichergestellt ist, dass alle über die gleichen Grundlagen verfügen.

Die Zirkelgruppe sollte sich im Klaren sein, dass das Ziel der Präsentation darin liegt, den Betrieb (den Vertreter der Geschäftsleitung) über ihre Sicht der Probleme und ihre Lösungsvorschläge zu informieren. Sie muss daher Sorgfalt darauf verwenden, dass sie diese Informationen auch für jemanden aus der "oberen Etage", der vielleicht kein Fachmann für den gerade behandelten Bereich ist, verständlich darstellt. Besonders wenn es um die Verwendung von Fachausdrücken und Kürzeln geht, kann jemand mit anderem Ausbildungshintergrund ein Problem leichter verstehen, wenn es genau erklärt wird.  

Die Moderation sorgt bei der Präsentation dafür, dass über die Vorschläge nur soweit diskutiert wird, bis Verständnis hergestellt ist. Es ist nicht Aufgabe eines Gesundheitszirkels, die Realisierung seiner Vorschläge durchzusetzen. Dafür gibt es im Gesundheitsförderungsprojekt eigene Verfahren, und außerdem stehen dem Unternehmen, dem Betriebsrat und den Präventivdiensten auch die anderen, gesetzlich geregelten Mechanismen zur Verfügung.

Jeder Versuch, auch gleich die Umsetzung von Lösungsvorschlägen auszu­handeln, sollte deshalb vom Moderator unterbrochen und auf einen eigenen Termin verschoben werden. Diese Vereinbarung soll vor allem verhindern, dass sich die Verantwortlichen mit Vorschlägen konfrontiert sehen, deren Umsetzbarkeit, Kosten und Auswirkungen sie im Moment nicht überprüfen können. In einer derartigen Situation ist das Risiko einer Ablehnung groß.  

Ob und wieweit Vorschläge realisiert werden, kann der ganze Betrieb sehen, weil die Gesundheitsberichtserstattung auch Zirkelergebnisse aufnehmen wird!

 

 

 

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